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Mittwoch, 20.03.2013 - 11.39 Uhr Zurück zur Übersicht

Kündigung wegen des Verdachts sexueller Belästigung

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG) hat in einem aktuellen Fall über eine verhaltensbedingte Kündigung wegen des Verdachts sexueller Belästigung entschieden.

Der Kläger war in einem Krankenhaus beschäftigt und zu seinen Aufgaben gehörte u.a. die Begleitung von Patienten von ihrem Krankenzimmer zu den Untersuchungsbereichen. Nach der Durchführung einer solchen Begleitung beschuldigte eine vom Kläger begleitete Patienten diesen, sie sexuell belästigt zu haben.
Nachdem die Klinikleitung von diesen Vorwürfen erfahren hatte, suchten zwei leitende Angestellte den Kläger in der Wohnung seiner Freundin auf und konfrontierten ihn mit diesen Anschuldigungen. Der Besuch war dabei mit der wahrheitswidrigen Behauptung angekündigt worden, man müsse einen außerplanmäßigen Dienst des Klägers besprechen. Im Anschluss an dieses Gespräch erhielt der Kläger die fristlose Kündigung.

Der Kläger bestritt den Vorwurf des sexuellen Belästigung und erhob eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Frankfurt/Oder. Das Arbeitsgericht wies seine Klage ab, da die Kündigung nach seiner Ansicht zu Recht erfolgt sei. Auf die Berufung des Klägers hob das LAG Berlin-Brandenburg diese Entscheidung auf und gab dem Kläger Recht, da die Kündigung unwirksam sei.

Dass der Kläger eine sexuelle Belästigung tatsächlich begangen hatte, konnte der Arbeitgeber nichts nachweisen und begründete die Kündigung daher mit dem Bestehen eines dringenden Tatverdachts. Aufgrund dieses Verdachts sei das Vertrauensverhältnis zerstört.

Grundsätzlich ist eine sog. Verdachtskündigung möglich, hierfür müssen nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung jedoch folgende Voraussetzungen vorliegen:

- Es muss der “dringende“ Verdacht einer Straftat oder sonstigen erheblichen Verfehlung vorliegen

- Der Arbeitgeber muss vor der Kündigung alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen haben

- Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer vor der Kündigung angehört haben

Das LAG Berlin-Brandenburg sah im vorliegenden Fall keine dieser Voraussetzungen als erfüllt an.

Das Gericht bestätigte zwar das Bestehen eines Verdachts, dass der Kläger die Patientin sexuell belästigt habe. Die Verdachtsmomente seien aber nicht so stark, dass von einem „dringenden“ Tatverdacht gesprochen werden könnte.

Die Wirksamkeit der Kündigung scheiterte aber auch daran, dass der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung nicht alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hatte. Das Gericht stellte fest, dass der Arbeitgeber zunächst einmal anhand der Arbeitsbücher sorgfältig hätte prüfen müssen, welche Tätigkeiten und Arbeitsgänge der Kläger zur fraglichen Zeit durchgeführt hatte. Dies war nicht geschehen.

Schließlich habe aber auch die Anhörung des Klägers vor Ausspruch der Kündigung nicht den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen genügt. Das LAG führte aus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor der Anhörung einen Hinweis auf die Bedeutung des bevorstehenden Gesprächs hätte geben müssen. Damit soll dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben werden, eine Person seines Vertrauens, z.B. einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen solchen Hinweis nicht gegeben, im Gegenteil wurde dieser sogar über den wahren Inhalt des angekündigte Gesprächs getäuscht.

Nach allem war die Kündigung unwirksam, so dass der Kläger weiterbeschäftigt werden musste.

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