Freitag, 06.04.2007 - 12.30 Uhr | Zurück zur Übersicht |
Gefährliche Abmahnungen
Wird ein Arbeitnehmer wegen eines Vergehens von seinem Arbeitgeber abgemahnt, erhält er einen Eintrag in seine Personalakte. Ist der Vorfall unberechtigt, hat der Angestellte manchmal – aber nicht immer – das Recht, den Eintrag streichen zu lassen.
Ein Beispiel aus der Praxis: Herr X. kommt zwischen Mai und Dezember 2006 dreimal zu spät zur Arbeit. Seit Januar 2007 arbeitet er zusätzlich täglich von 18 bis 20 Uhr bei einer Fremdfirma, ohne seinen Arbeitgeber darüber zu informieren. Als sein Abteilungsleiter erfährt, Herr X. habe gesagt, er habe ein Verhältnis mit der Personalleiterin, meldet er die Vorfälle dem Personalbereich. Die Personalleiterin mahnt Herrn X. ab. Dieser meint, das Zuspätkommen sei, da bereits lange her, nicht mehr zu verwerten. Die fehlende Information spiele keine Rolle, da die Nebentätigkeit außerhalb seiner Arbeitszeit liege. Die Behauptungen über das Verhältnis der Personalleiterin habe er nicht gemacht. Nachfragen bestätigen diese Aussage.
Wie ist die Rechtslage? Herr X. kann eine schriftliche Erklärung zum Inhalt der Personalakte beifügen. Einen Anspruch auf Berichtigung und Entfernung unrichtiger Angaben aus der Personalakte enthält Paragraf 83 II BetrVG nicht. Dieser besteht aber dann, wenn unrichtige Tatsachenbehauptungen den Arbeitnehmer in seiner Rechtsstellung und in seinem beruflichen Fortkommen beeinträchtigen können. Da der Arbeitgeber die Äußerung über das Verhältnis seines Vorgesetzten nicht beweisen kann, kann Herr X. die Entfernung der unrichtigen Behauptung aus der Personalakte verlangen. Die Rüge des Zu-spät-Kommens ist nicht verfristet. Der Arbeitgeber entscheidet, wann er das Rügerecht ausübt. Eine „Rügeausschlussfrist“ gibt es nicht. Zumindest steht der Vorfall vom Dezember 2006 ausreichend zeitnah zum Abmahnungsschreiben. Der Vorwurf des arbeitsvertraglichen Pflichtenverstoßes bezieht sich nicht auf die Nebentätigkeit, sondern auf die fehlende Information. Um die Vorschriften des Arbeitzeitgesetzes einzuhalten, muss der Arbeitgeber darüber unterrichtet werden.
Zwei der drei Abmahnungsvorwürfe sind somit gerechtfertigt. Kann die Abmahnung teilweise aufrecht gehalten werden? Das BAG lehnt dies in ständiger Rechtsprechung wegen der Einheitlichkeit der Abmahnung ab. Das Schreiben muss komplett aus der Personalakte entfernt werden. Die Praxis verfährt in der Weise, dass in getrennten Abmahnungsschreiben immer jeweils eine Pflichtverletzung beschrieben ist.
Es ist somit auf Seiten des Arbeitnehmers gut zu überlegen, ob man gegen die Abmahnung vorgeht oder die Wirksamkeit erst im Rahmen eines evtl. folgenden Kündigungsverfahrens überprüfen lässt.
Auf Seiten des Arbeitgebers ist abzuschätzen, welche Vorwürfe man in einer Abmahnung sammelt, was die Gefahr birgt, dass die gesamte Abmahnung unwirksam werden kann, wenn nur ein einziger der dortigen Vorwürfe nicht bewiesen werden kann.
In jedem Fall ist rechtzeitige Beratung erforderlich, da hier Fehler oft später nicht mehr zu korrigieren sind und große finanzielle Nachteile bringen können.
Autor: Jürgen Mähler