Dienstag, 22.07.2008 - 12.11 Uhr | Zurück zur Übersicht |
Neue Rechtsprechung: Mehr Resturlaub bei Elternzeit!!!
Die Unternehmen müssen sich bei der Übertragung von Resturlaub in der Elternzeit auf die neue Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) einstellen, das jetzt zugunsten der Arbeitnehmer entschieden hat.
Eine Änderung der Rechtsprechung gibt es durch ein aktuelles Urteil des BAG (Az.: 9 AZR 219/07). Unternehmen müssen nun deutlich mehr Resturlaub abgelten als bisher. Der entschiedene Fall kommt häufig vor und betrifft daher viele Betriebe: Eine Arbeitnehmerin nimmt zur Betreuung eines Kindes Elternzeit. Auf die folgt nahtlos eine zweite wegen der Geburt des nächsten Kindes. Oft endet das Arbeitsverhältnis während der zweiten Elternzeit, oder es wird anschließend nicht mehr fortgesetzt. Besteht dann noch Resturlaub aus der Zeit vor dem ersten Familienzuwachs, stellt sich die Frage, ob er der Mitarbeiterin durch Zahlung abgegolten werden muss.
Eine gesetzliche Regelung gibt es dafür nicht. Grundsätzlich gilt: Urlaubsansprüche können nur bis Ende März des Folgejahres übertragen werden. Wird Elternzeit in Anspruch genommen, verlängert sich der Zeitraum. Der Urlaub kann dann bis zum Ende des auf die Elternzeit folgenden Jahres genommen werden. Das gilt aber nur einmalig. Davon nicht erfasst ist der Fall, in dem der Urlaub zwar wegen einer ersten Elternzeit übertragen, aber wegen einer zweiten nicht mehr genommen wurde. Ob er dann verfällt oder weiterhin bestehen bleibt, lässt das Gesetz offen.
Das BAG hat für diese Fälle eine Übertragung mit der bisherigen Rechtsprechung stets abgelehnt. Die Begründung: Der gesetzlich oder vertraglich garantierte Urlaub beziehe sich jeweils auf ein Kalenderjahr. Daher müsse die Erholung der Arbeitnehmer, wenn möglich, auch in diesem Zeitraum erfolgen. Eine weitere Verlängerung des Übertragungszeitraums führe aber dazu, "dass durch eine kettenartige mehrmalige Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub die Übertragung so weit ausgeweitet werden könnte, dass der Bezug zum Urlaubsjahr verloren ginge", heißt es z.B. in einer Entscheidung des BAG aus dem Jahr 2001 (Az.: 9 AZR 267/96).
Diese Rechtsprechung hat das BAG nunmehr ausdrücklich aufgegeben. Der Resturlaub werde weiter übertragen, wenn er nach dem Ende der ersten Elternzeit wegen einer weiteren nicht genommen werden kann. Das gilt zwar ausdrücklich nur, wenn sich die zweite Elternzeit nahtlos an die erste anschließt, wie im dortigen Fall entschieden. Es ist aber davon auszugehen, dass das BAG die Übertragung auch gewährt, wenn die Mitarbeiterin zwischen beiden Elternzeiten arbeitet, den Resturlaub in dieser Zeit aber nicht nehmen kann. Da das BAG seine neue Rechtsprechung auf Gleichbehandlungs- und Mutterschutzgründe stützt, kann keine unterschiedliche Beurteilung gerechtfertigt sein.
Unternehmen müssen auf die neue Rechtslage schnell reagieren. Die einfachste und sicherste Lösung ist es, den Resturlaubsanspruch vor Beginn der Elternzeit zu erfüllen. Das hat den Vorteil, dass der Betrieb insoweit keine Rückstellungen bilden muss und spätere Streitigkeiten vermieden werden können. Ab sofort sollte daher bei einem Antrag auf Elternzeit sofort geprüft werden, welche Urlaubsansprüche der Mitarbeiterin noch bestehen, die dann umgehend erfüllt werden sollten.
Doch nicht nur das BAG legt das Urlaubsrecht zu Lasten der Arbeitgeber aus. Auch der EuGH in Luxemburg trifft in Kürze eine wichtige Entscheidung voraussichtlich zu Lasten der Arbeitgeber. In einem Fall des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat ein ehemaliger Arbeitnehmer eines Unternehmens geklagt. Der Mann war 2 Jahre krank, ging dann in Rente und wollte den wegen der Krankheit nicht genommenen Urlaub abgegolten haben. Nach der Rechtsprechung des BAG steht ihm das nicht zu, der Generalanwalt sah das aber in seinem Schlussplädoyer anders: Da Krankheit "höhere Gewalt" sei, verstoße das gegen das EU-Arbeitsrecht. Da der Europäische Gerichtshof in der Regel den Empfehlungen des Generalanwalts folgt, dürfte das Urteil demnächst entsprechend ausfallen.
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